Gutmensch – Ein missverstandenes Lob

Herkunft und Wandel des Begriffs „Gutmensch“

Der Begriff “Gutmensch” setzt sich aus den Wörtern „gut“ und „Mensch“ zusammen und bedeutet wörtlich „guter Mensch“. Ursprünglich war diese Bezeichnung positiv besetzt und bezog sich auf Menschen, die moralisch handeln und anderen Gutes tun. Doch in den 1980er Jahren wurde der Begriff zunehmend ironisch gebraucht, um Personen zu charakterisieren, die als übermäßig moralisierend oder naiv gelten. Diese Umdeutung entstand durch Feuilletonisten wie Matthias Horx und Klaus Bittermann, die den Begriff „Gutmensch“ als satirische Kritik an übertriebener politischer Korrektheit einführten. Seit den 1990er Jahren hat sich „Gutmensch“ schließlich als abwertender Ausdruck etabliert, oft verwendet, um Menschen zu kritisieren, die sich aus Überzeugung für andere einsetzen. Die ursprüngliche positive Bedeutung ist dadurch zunehmend verblasst.

Menschen, die Gutes tun – eine gesellschaftliche Beobachtung

In unserer Gesellschaft gibt es immer noch Menschen, die ohne großen Lohn oder Anerkennung Gutes tun. Sie kümmern sich um Kinder und Alte, helfen Kranken, engagieren sich ehrenamtlich und unterstützen ihre Mitmenschen. Oft sind sie es, die bereitstehen, wenn praktische Hilfe gefragt ist, oder die ein offenes Ohr für die Sorgen anderer haben. Viele von ihnen setzen sich in einer Weise ein, die andere inspiriert und ermutigt. Doch statt solche Menschen uneingeschränkt wertzuschätzen, wird ihr Einsatz in manchen Kreisen belächelt oder als naiv betrachtet. Das zeigt, wie stark der Begriff „Gutmensch“ mittlerweile ins Negative verschoben wurde.

Biblische Perspektive: Die Bedeutung des Guten Tuns

Schaut man auf biblische Vorbilder, wird klar, dass die Aufforderung, Gutes zu tun, tief verwurzelt ist. Jesus selbst „zog umher und tat Gutes“ (Apostelgeschichte 10,38). Paulus betont diese Haltung im Brief an Titus: Gläubige sollten „jederzeit bereit sein, Gutes zu tun“ (Titus 3,1; NGÜ). Tatsächlich wünscht sich Paulus, dass „alle, die auf Gott vertrauen, immer darauf bedacht sind, Gutes zu tun“ (Titus 3,8b.14). Die Bibel beschreibt das Gute zu tun also als festen Bestandteil eines christlichen Lebens, nicht als Ausnahme.

Der britische Theologe John Wesley formulierte es treffend:

„Tu so viel Gutes, wie möglich, mit allen Mitteln, die du hast, auf alle erdenkliche Weise, an allen möglichen Orten, wann immer möglich, so vielen Menschen wie möglich, so lange es dir möglich ist.“

Diese Maxime macht klar, dass es nicht um die Anerkennung geht, sondern um die Haltung und das unermüdliche Streben, mit kleinen und großen Taten eine positive Veränderung in unserer Welt zu schaffen. Gutes zu tun ist ein Ausdruck der Liebe, wie sie in der Bibel beschrieben wird – selbstlos, demütig und oft im Verborgenen.

Schlussgedanken

Es ist erstaunlich, wie sich die Bedeutung von Wörtern über die Jahrzehnte verändern kann. Begriffe wie „Gutmensch“, die ursprünglich etwas Positives ausdrücken sollten, werden oft in unserer Gesellschaft umgedeutet. Der Eindruck, den man bekommt, ist, dass die gute Absicht dahinter von vielen positiv gemeint ist, ohne dass es dabei um Selbstprofilierung geht. Doch der Begriff wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr aufgeweicht und schließlich negativ konnotiert. Das beobachte ich mit Sorge. Gleichzeitig überrascht es mich jedoch nicht, dass es so gekommen ist – das Muster ist in der Sprache oft zu erkennen.

Ähnliche Beispiele für diese sprachliche Umdeutung sind Begriffe wie „Fundamentalist“ oder „Konservativer“. Grundsätzlich ist es positiv, ein Fundament im Leben zu haben oder an bewährten Werten festzuhalten. Doch auch diese Begriffe haben eine negative Konnotation erhalten, die oft engstirnige oder veraltete Ansichten implizieren. Ebenso wurden „Idealist“, „Altruist“ und „Träumer“ von ursprünglich positiven Assoziationen zu abwertenden Begriffen umgedeutet. Vielleicht liegt hier für uns die Herausforderung, positive Werte in unserem Sprachgebrauch zu erhalten und uns bewusst zu machen, dass wahre Nächstenliebe und Aufrichtigkeit zeitlos bleiben – unabhängig von sprachlichen Trends.

Take-Away

In dieser Hinsicht halte ich es lieber mit John Wesley: „Tu so viel Gutes, wie möglich, mit allen Mitteln, die du hast, auf alle erdenkliche Weise.“ Auch wenn man dadurch gelegentlich als „Gutmensch“ betitelt wird.

 

Euer Henning Schmale

Henning Schmale verfügt über 20 Jahre C-Level-Erfahrung im produzierenden Mittelstand. Als Dipl.-Ing. und Wirtsch.-Psych. (M.Sc.) bringt er fundierte Kenntnisse in technischen, wirtschaftlichen und psychologischen Veränderungsprozessen mit. Jahrgang 1968, wiedergeborener Christ, verheiratet, Vater von vier erwachsenen Kindern und wohnhaft in Osnabrück.

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Für mehr Informationen: Familienunternehmen – gemeinsam durch die Krise

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Quellen und weiterführende Infos:

(NGÜ) Die Bibel. (2011). Neue Genfer Übersetzung. SCM R. Brockhaus.

Die Bibel. (2015). Hoffnung für alle. SCM R. Brockhaus.

Wesley, J. (n.d.). The works of John Wesley.