Temperament und Erblichkeit – Was uns von Geburt an prägt
Warum Temperament und Erblichkeit wichtig sind
Warum reagieren Menschen unterschiedlich auf die gleiche Situation? Manche bleiben gelassen, andere reagieren impulsiv oder ängstlich. Die Antwort liegt oft in unserem Temperament – unserer angeborenen emotionalen Grundstruktur.
Dieser Beitrag untersucht, wie Genetik und Umwelt das Temperament prägen, und zeigt, was Führungskräfte aus diesem Wissen lernen können.
Grundlagen: Was ist Temperament?
Temperament beschreibt die angeborene emotionale Reaktionsbereitschaft und Verhaltensmuster eines Menschen. Bereits bei Säuglingen sind Temperamentsmerkmale wie Aktivität, Anpassungsfähigkeit oder Reizbarkeit erkennbar.
Wissenschaftlicher Fokus:
- Studien von Chess und Thomas (1987) zeigen, dass Babys schon sehr früh als „einfach“, „schwierig“ oder „langsam auftauend“ kategorisiert werden können. Diese Eigenschaften bleiben oft ein Leben lang bestehen.
- Temperament bildet die Basis unserer Persönlichkeit und beeinflusst, wie wir auf unsere Umwelt reagieren.
Der Einfluss der Erblichkeit
Das Temperament eines Menschen ist stark genetisch bedingt. Eineiige Zwillinge weisen trotz unterschiedlicher Umwelten oft ähnliche Temperamente auf, während zweieiige Zwillinge oder Geschwister größere Unterschiede zeigen.
Wissenschaftlicher Aspekt:
- Schätzungen zufolge sind etwa 40-60 % unseres Temperaments durch Gene bestimmt (Plomin, 1994).
- Gene beeinflussen nicht nur unsere Verhaltensmuster, sondern auch physiologische Faktoren wie unsere Stressreaktionen oder unser Energielevel.
💡 Zitat von David Hume:
„Glücklich ist derjenige, dessen Lebensumstände seinem Temperament angepasst sind; höher noch aber steht derjenige, der sein Temperament allen Lebensumständen anzupassen vermag.“
➡️ Dieses Zitat von Hume betont die Bedeutung der Anpassungsfähigkeit: Während Gene unser Temperament prägen, spielt die Umwelt eine entscheidende Rolle darin, wie wir mit Herausforderungen umgehen und unser Potenzial entfalten.
Die Rolle der Umwelt
Obwohl die Gene eine Basis legen, spielt die Umwelt eine entscheidende Rolle, wie diese Anlagen sich entwickeln.
Praxisbeispiele:
- Ein schüchternes Kind, das von unterstützenden Eltern ermutigt wird, kann selbstsicherer werden.
- Extrovertierte Kinder, die in einer einschränkenden Umgebung aufwachsen, können ihre Anlagen weniger ausleben.
Die Umwelt kann also entweder Stärken fördern oder Schwächen verstärken. Diese Dynamik ist entscheidend für Führungskräfte, die ein positives Umfeld schaffen möchten.
Anekdote: Die Geschwister Mendelssohn Bartholdy
Ein beeindruckendes Beispiel für das Zusammenspiel von Erblichkeit und Umwelt sind Felix und Fanny Mendelssohn Bartholdy. Beide waren hochbegabte Musiker, doch ihre Temperamente unterschieden sich stark:
•🎶 Felix: Lebhaft, ehrgeizig und dynamisch – ein Virtuose, der die Öffentlichkeit suchte.
•🎼 Fanny: Ruhig, introspektiv und einfühlsam – eine talentierte Komponistin, die lieber im Privaten wirkte.
Trotz ihrer unterschiedlichen Temperamente förderte das familiäre Umfeld ihre musikalische Begabung, was zeigt, wie entscheidend die Umwelt für das Ausleben genetischer Anlagen ist.
Bedeutung für Führungskräfte
Was können Führungskräfte daraus lernen?
✔️ Fördern statt umformen: Respektieren Sie die individuellen Anlagen Ihrer Mitarbeitenden und konzentrieren Sie sich darauf, ihre Stärken zu fördern.
✔️ Arbeitsumgebungen gestalten: Schaffen Sie flexible Rahmenbedingungen, die sowohl introvertierte als auch extrovertierte Persönlichkeiten unterstützen.
✔️ Selbstreflexion: Reflektieren Sie Ihr eigenes Temperament und wie es Ihre Führungsweise beeinflusst.
Beispiel:
- Ein introvertierter Mitarbeitender wird in einem ruhigen Umfeld produktiver sein.
- Extrovertierte Teammitglieder benötigen sozialen Austausch, um ihr Potenzial auszuschöpfen.
Fazit und Take-Away
Das Temperament ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Genetik und Umwelt. Für Führungskräfte bedeutet das:
- Fördern Sie die natürlichen Anlagen Ihrer Mitarbeitenden, statt sie umzuformen.
- Schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, das unterschiedliche Temperamente respektiert und unterstützt.
Take-Away:
Das Verständnis für Temperamente ist der Schlüssel, um Teams erfolgreicher zu führen.
Ausblick auf den nächsten Beitrag
Im nächsten Beitrag tauchen wir in die spannende Welt der Molekulargenetik und Epigenetik ein. Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie Umwelteinflüsse nicht nur unser Verhalten, sondern auch die Aktivität unserer Gene verändern können.
Euer Henning Schmale
schmale.consulting #ChangePate #ChangeGuide T10S5F3
Für mehr Informationen: Familienunternehmen – gemeinsam durch die Krise
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Quellen und weiterführende Infos:
Chess, S., & Thomas, A. (1987). Temperament in Clinical Practice. New York: Guilford Press.
Plomin, R. (1994). Genetics and Experience: The Interplay Between Nature and Nurture. Thousand Oaks: SAGE Publications.