Monday Mastermind Impulse: Gerechtigkeit

Gerechtigkeit als vielschichtiger Wert

Gerechtigkeit ist ein universelles Streben, das alle Lebensbereiche durchzieht – von der persönlichen Ebene bis hin zu globalen Strukturen. Doch was bedeutet Gerechtigkeit konkret, und warum ist sie so schwer zu erreichen? Dieser Beitrag nähert sich dem Thema Gerechtigkeit aus verschiedenen Dimensionen: gesellschaftlich, biblisch, psychologisch und führungsbezogen.

Gesellschaftliche Dimension von Gerechtigkeit

Gerechtigkeit ist ein zentraler Bestandteil jeder Gesellschaft. Doch sie zu erreichen, ist oft eine komplexe Aufgabe.

Soziale und strukturelle Gerechtigkeit:

Ungleichheiten in Bildung, Einkommen oder Machtverhältnissen zeigen, wie tief strukturelle Ungerechtigkeiten in vielen Systemen verankert sind. John Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit bietet hier eine wertvolle Grundlage. Er argumentiert, dass soziale Gerechtigkeit dann erreicht wird, wenn Chancengleichheit gegeben ist und Ungleichheiten nur dann akzeptabel sind, wenn sie dem Schwächsten in der Gesellschaft zugutekommen (Rawls, 1971).

Studien belegen jedoch, dass soziale Mobilität – also die Möglichkeit, durch Bildung oder Arbeit soziale Schichten zu wechseln – in vielen Ländern eingeschränkt ist, was die Verteilungsgerechtigkeit behindert (OECD, 2018).

Globale Gerechtigkeit:

Themen wie Klimagerechtigkeit oder fairer Handel sind ebenfalls eng mit Gerechtigkeit verbunden. Forschung zeigt, dass globale Ungerechtigkeiten oft die Folge historischer und wirtschaftlicher Machtverhältnisse sind (Piketty, 2014).

Ein zentraler Gedanke:

Martin Luther King Jr. formulierte es treffend: „Unrecht irgendwo ist eine Bedrohung der Gerechtigkeit überall.“ Dieses Zitat erinnert uns daran, dass gesellschaftliche Gerechtigkeit kein lokales, sondern ein globales Anliegen ist.

Persönliches Beispiel: Schnell verurteilt – und später überrascht

In meinen beruflichen Führungsverantwortungen habe ich oft erlebt, wie schnell ich dazu neigte, Situationen als ungerecht zu beurteilen. Doch häufig zeigte sich im Nachhinein, dass mir wichtige Informationen fehlten: Hintergründe, Perspektiven oder der gesamte Kontext.

Psychologische Reflexion:

Psychologische Forschung zeigt, dass unser Gerechtigkeitssinn stark von kognitiven Verzerrungen beeinflusst wird. Das Ultimatum-Spiel, ein klassisches Experiment, belegt, dass Menschen bereit sind, finanzielle Einbußen hinzunehmen, um wahrgenommene Ungerechtigkeiten zu bestrafen – selbst wenn sie persönlich davon Nachteile haben (Güth et al., 1982).

Darüber hinaus führt die sogenannte Egozentrik dazu, dass wir Situationen oft aus unserer eigenen Perspektive bewerten und dabei wichtige Informationen übersehen (Ross & Ward, 1996). Diese Erkenntnis verdeutlicht: Es lohnt sich, innezuhalten und mehrere Perspektiven einzunehmen, bevor wir eine Situation bewerten.

Biblischer Impuls: „Seid nicht allzu gerecht“

Im Buch Prediger, das von Salomo, dem weisesten Mann, der je gelebt hat, verfasst wurde, steht: „Sei nicht allzu gerecht und stelle dich nicht allzu weise; warum willst du dich selbst zugrunde richten?“ (Prediger 7,16, ELB).

Dieser Vers lädt uns dazu ein, mit uns selbst milde zu sein. Gleichzeitig fordert die Bibel Gerechtigkeit gegenüber anderen: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Markus 12,31, HFA). Gerechtigkeit ist ein Auftrag, der uns in der Nächstenliebe mit Nachdruck auferlegt wird.

Exkurs: Gottes Gerechtigkeit – Freispruch durch Golgatha

Die höchste Form der Gerechtigkeit ist Gottes Gerechtigkeit, die durch das Opfer Jesu Christi ermöglicht wurde. „So fern der Osten ist vom Westen, hat er unsere Übertretungen von uns entfernt.“ (Psalm 103,12, ELB). Wer dieses Werk für sich annimmt, wird aus Gottes Sicht für gerecht erklärt. Dies verändert nicht nur unsere Beziehung zu Gott, sondern inspiriert uns, auch im Leben anderer Gerechtigkeit zu fördern.

Führungsbezogene Perspektive: Gerechtigkeit im Alltag leben

Die Theorie der Organizational Justice (Greenberg, 1987) betont, dass wahrgenommene Gerechtigkeit im Arbeitsumfeld Vertrauen und Zufriedenheit stärkt. Studien zeigen, dass faire Entscheidungsprozesse und transparente Kommunikation die Leistungsbereitschaft im Team erhöhen (Colquitt et al., 2001). Führungskräfte stehen oft im Spannungsfeld zwischen Effizienz und Fairness. Gerechtigkeit in der Führung ist jedoch ein entscheidender Faktor für langfristigen Erfolg.

Take-Away: Gerechtigkeit als persönlicher und gesellschaftlicher Auftrag

  • Individuell: Was bedeutet Gerechtigkeit für mich, und wie handle ich in meinem Alltag gerecht?
  • Gesellschaftlich: Welche Strukturen erlebe ich als ungerecht, und wie kann ich zur Veränderung beitragen?
  • Biblisch: Wie verändert Gottes Gerechtigkeit meinen Umgang mit anderen?

Euer Henning Schmale

Henning Schmale verfügt über 20 Jahre C-Level-Erfahrung im produzierenden Mittelstand. Als Dipl.-Ing. und Wirtsch.-Psych. (M.Sc.) bringt er fundierte Kenntnisse in technischen, wirtschaftlichen und psychologischen Veränderungsprozessen mit. Jahrgang 1968, wiedergeborener Christ, verheiratet, Vater von vier erwachsenen Kindern und wohnhaft in Osnabrück.

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Quellen und weiterführende Infos:

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Zitate und Quellenangaben

Colquitt, J. A., Conlon, D. E., Wesson, M. J., Porter, C. O. L. H., & Ng, K. Y. (2001). Justice at the millennium: A meta-analytic review of 25 years of organizational justice research. Journal of Applied Psychology, 86(3), 425–445.

Güth, W., Schmittberger, R., & Schwarze, B. (1982). An experimental analysis of ultimatum bargaining. Journal of Economic Behavior and Organization, 3(4), 367–388.

Greenberg, J. (1987). A taxonomy of organizational justice theories. Academy of Management Review, 12(1), 9–22.

King, M. L. Jr. (1963). Letter from Birmingham Jail.

Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD). (2018). A Broken Social Elevator? How to Promote Social Mobility. OECD Publishing.

Piketty, T. (2014). Capital in the Twenty-First Century. Harvard University Press.

Rawls, J. (1971). A Theory of Justice. Harvard University Press.

Ross, L., & Ward, A. (1996). Naive realism in everyday life: Implications for social conflict and misunderstanding. In T. Brown, E. Reed, & E. Turiel (Eds.), Values and Knowledge (pp. 103–135). Lawrence Erlbaum Associates.

Bibel (2006). Wuppertal: R. Brockhaus; Prediger 7,16; Psalm 103,12.

Bibel (2015). Hoffnung für alle, SCM R. Brockhaus, Holzgerlingen; Markus 12,31; Jeremia 31,34.