Liebe & Führung – Alles glaubt
Willkommen zum 13. Beitrag unserer Serie „Liebe & Führung“. Heute geht es um das Prinzip „Alles glaubt“ aus 1. Korinther 13. Vertrauen und Glaube sind nicht nur Grundlagen für zwischenmenschliche Beziehungen, sondern auch essenziell für gute Führung. Im nächsten Beitrag beleuchten wir das Thema „Alles hofft“.
Begriffsklärung: Was bedeutet „Alles glaubt“?
Laut DWDS steht „glauben“ für Vertrauen, Zuversicht und die Überzeugung, dass etwas wahr ist, auch wenn es nicht sichtbar ist. In der Führung bedeutet das, den Menschen um uns herum Vertrauen zu schenken, auch wenn nicht alles sofort überprüfbar ist. Glaube ist dabei nicht blind, sondern geprägt von einer positiven Grundhaltung gegenüber Menschen und Situationen.
Biblische Perspektive
Die Bibel betont die Kraft des Glaubens immer wieder:
Hebräer 11,1 (HFA): „Der Glaube aber ist eine Wirklichkeit dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht.“
Glaube bedeutet, sich auf das Unsichtbare zu stützen und darauf zu vertrauen, dass das Richtige entsteht.
Matthäus 17,20 (HFA): „Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr zu diesem Berg sagen: ‚Rücke von hier nach dort!‘, und er wird dorthin rücken. Nichts wird euch unmöglich sein.“
Dieses Gleichnis verdeutlicht, wie stark der Glaube sein kann, selbst in kleinen Maßstäben.
Wissenschaftlicher Einblick
Studie von Amy Edmondson (1999): Edmondson, Professorin an der Harvard Business School, führte eine wegweisende Studie zum Thema psychologische Sicherheit und Vertrauen in Teams durch.
Studiendesign:
Sie untersuchte 51 Teams in einem großen Unternehmen und analysierte, wie sich psychologische Sicherheit auf die Teamleistung auswirkt. Die Forschung kombinierte Beobachtungen und Interviews mit quantitativen Daten.
Ergebnisse:
Edmondson stellte fest, dass Teams mit hoher psychologischer Sicherheit produktiver sind, häufiger neue Ideen entwickeln und besser mit Fehlern umgehen. Diese Teams haben keine Angst, Risiken einzugehen, weil sie darauf vertrauen können, dass sie nicht für ihre Fehler bestraft werden.
Fazit:
Vertrauen innerhalb eines Teams ist eine Grundvoraussetzung für Innovation und Zusammenarbeit. Es ermöglicht es Mitarbeitenden, sich gegenseitig zu unterstützen und offen zu kommunizieren – eine wesentliche Grundlage für erfolgreiche Führung.
Reflexion auf Führungskräfte
Ein fast väterlicher Freund, selbst Experte im HR-Bereich, hat mir einen wertvollen Satz mitgegeben, der mich in meiner Führung geprägt hat:
„Solange du nicht bereit bist, die Konsequenzen umzusetzen und jemanden zu entlassen, solltest du auch nicht prüfen, ob er dir die Wahrheit sagt oder ob alles korrekt ist. Glaube zuerst.“
Dieser Satz betont, wie wichtig es ist, in Führungssituationen Vertrauen zu schenken, bevor man urteilt. Zu früh nach Fehlern zu suchen, kann Beziehungen beschädigen und das Vertrauen zerstören.
Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung:
Ich kam in ein Unternehmen mit einer langen, teils schwierigen Geschichte – geprägt von Fusionen, Restrukturierungen und einer beeindruckenden Zahl von zehn Geschäftsführern in nur zehn Jahren. Die Folge: Angst durchzog die Organisation. Angst vor Fehlern und Angst vor den Konsequenzen. Diese Angst prägte alle Ebenen des Unternehmens und war tief verwurzelt.
Man erzählte mir sogar von einem der früheren Geschäftsführer, der mit seinem Dienstwagen in die Produktionshalle fuhr – keine Seltenheit angesichts der Größe der Halle – und aus dem Auto heraus gezielt nach Fehlern suchte. Sobald er etwas fand, stellte er die Mitarbeitenden öffentlich bloß. Diese Art von Kontrolle und Bloßstellung hinterließ tiefe Spuren und verstärkte die Angstkultur im Unternehmen.
Als ich meine Aufgabe als CRO in diesem Umfeld übernahm, war mir schnell klar, dass die größte Herausforderung nicht nur die wirtschaftliche Sanierung war, sondern auch der kulturelle Wandel. In einer erweiterten Führungsrunde hielt ich einen Vortrag über Fehlerkultur und endete mit einer für dieses Unternehmen radikalen Aufforderung:
„Macht Fehler! Probiert aus, testet mit Sinn und Verstand. Bitte keine existenzbedrohenden oder absichtlichen Fehler, aber geht Risiken ein.“
Ich sehe heute noch die offenen Münder und ungläubigen Blicke. Die Gedankengänge der Anwesenden waren vermutlich geprägt von jahrelangem Misstrauen:
„Meint er das ernst? Oder ist das ein Trick? Soll das eine neue Methode sein, uns in Schwierigkeiten zu bringen?“
Im Nachhinein ist es völlig verständlich, dass ein solches Unternehmen nicht in kurzer Zeit heilbar ist. Die jahrelange Fehlervermeidungskultur war zu tief verwurzelt. Selbst optimistische Führungspersönlichkeiten stoßen hier an Grenzen. Doch die Erkenntnis aus dieser Erfahrung ist klar: Ohne Vertrauen und ohne eine offene Fehlerkultur kann keine nachhaltige Entwicklung stattfinden.
Zum Nachdenken
Martin Luther King Jr. sagte:
„Glaube ist der erste Schritt, auch wenn du die gesamte Treppe nicht sehen kannst.“
Dieses Zitat verdeutlicht, dass Vertrauen oft bedeutet, trotz Unsicherheiten den ersten Schritt zu machen.
Albert Schweitzer fügte hinzu:
„Wer vertraut, gewinnt Zeit. Wer misstraut, verschwendet sie.“
Führungskräfte, die Vertrauen schenken, sparen nicht nur Zeit, sondern legen auch die Grundlage für langfristige Beziehungen und nachhaltigen Erfolg.
Ausblick
Im nächsten Beitrag sprechen wir über das Prinzip „Alles hofft“ und wie Hoffnung die Grundlage für inspirierende Führung bildet.
Euer Henning Schmale
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Für mehr Informationen: Familienunternehmen – gemeinsam durch die Krise
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Quellen und weiterführende Infos:
Die Bibel. (Hoffnung für alle). (2015). Deutsche Bibelgesellschaft. (Hebräer 11,1; Matthäus 17,20).
King, M. L. Jr. (n.d.). „Faith is taking the first step even when you don’t see the whole staircase.“ Abgerufen aus diversen Sammlungen seiner Reden und Schriften.
Schweitzer, A. (n.d.). „Wer vertraut, gewinnt Zeit. Wer misstraut, verschwendet sie.“ Zitiert in diversen Biografien und Sammlungen über Schweitzer.
Edmondson, A. C. (1999). Psychological safety and learning behavior in work teams. Administrative Science Quarterly, 44(2), 350–383.